11) Ein auswärtiger Pfungener als grosser Gönner

Karl Rütschi-Vollenweider wuchs in den ersten beiden Jahrzehnten unseres Jahrhunderts als Pflegebub in unserer Gemeinde auf, fand hier seine Gattin und blieb auch nach dem Wegzug dem Dorf eng verbunden. Seine beruflichen Fähigkeiten liessen ihn zum Pionier im Pumpenbau emporsteigen und verschafften ihm Titel und Ehre eines Dr. Ing. h.c.. In Brugg besass er eine eigene Pumpenfabrik. Als Gönner des Musikvereines lud er 1964 unsere "Musik" anlässlich eines Internationalen Treffens von Fachleuten der Pumpenbranche zu einer wunderschönen Schiffahrt mit reicher Bewirtung auf dem Zürichsee ein.

12) Ohne Fleiss kein Preis

Für 1966 hatte sich unser Musikverein ein hohes Ziel gesteckt. Man war nämlich entschlossen, am Eidgenössischen Musikfest in Aarau vom 10.-12. Juni 1966 teilzunehmen und sich von höchster Fachstelle beurteilen zu lassen. Ausdauer und viele zusätzliche Proben waren geordert und um zusätzliches Üben zuhause war auch nicht herumzukommen. Als es soweit war, begleiteten Pfungens beste Wünsche unsere Musikanten in die Metropole des Aargaus. Die Leistungen des Vereines, der den Wettbewerb in der dritten Stärkeklasse bestritt, fielen überaus gut aus. Für das Selbstwahlstück "Hephaistos" von G. Beedijn reichte es zu einem "vorzüglicher Eindruck", und für das Aufgabenstück "Söldnertanz" von Stephan Jäggi lautete die Kritik von Dr. F. Königshofer "sehr gut" (2. Rang). Der gestrenge Militärmusikinstruktor Werner Strassmann bewertete die Marschmusik der Pfungener, welche "Arizona" von A. Duroc darboten, sogar mit "sehr gut", was den ersten Rang bedeutete. Mit berechtigtem Stolz kehrte der Musikverein mit dem Lorbeerkranz mit Goldblättern nach Hause zurück, wo er allseits mit Beifall empfangen wurde.

13) Neue Ideen

Im Dezember 1970 überraschten unsere Bläser die Aussenstehenden mit einer eigenen Schallplatte. Der junge, mit Ideenreichtum, Begeisterungsfähigkeit und Initiative ausgestattete Dirigent Hansruedi Staub war gewillt, zu neuen Ufern aufzubrechen. Auf die Schallplatte folgte die Umgestaltung einer Abendunterhaltung. Statt dem Publikum ein vom Verein festgelegtes Musikprogramm vorzutragen, veranstaltete der Verein ein Wunschkonzert, das die vielen Wünsche aus der Bevölkerung berücksichtigte. Diese Darbietung fand grossen Anklang und vertiefte den bereits guten Kontakt zwischen Bevölkerung und Verein.

14) Das Jubiläum zum Fünfundsiebzigsten

Als die Vorbereitungen für das Wunschkonzert im Gange waren, liefen auch schon die Vorbereitungen für einen bedeutenden Anlass des gleichen Jahres. Es stand nämlich das Jubiläum "75 Jahre Musikverein Pfungen, 1896-1971" vor der Tür. Als Präsident des Organisationskomitees hatte sich Ernst Amstutz zur Verfügung gestellt. Er hatte bis dahin in umsichtiger Weise und hingebungsvoll dem Verein 17 Jahre vorgestanden. Nun war er bereit, sozusagen als krönender Abschluss seines Wirkens, für Vorbereitung und Durchführung des Jubiläums verantwortlich zu zeichnen. Dabei konnte er eine tüchtige Mannschaft an seiner Seite wissen. Überhaupt, alle, die aufgerufen waren, in praktischen und administrativen Belangen mitzuwirken, leisteten ihr Bestes, und der gute Teamgeist war jederzeit spürbar. Als es soweit war, war Pfungen für den Festanlass vom 3.-5. September 1971 gerüstet. Am Freitagabend beging der Verein unter Mitwirkung der Gastvereine Musikgesellschaft ”Edelweiss” Wülflingen und dem seit Jahrzehnten befreundeten Musikverein Lottstetten sowie der Dorfvereine im vollbesetzten Festzelt seine Jubiläumsfeier. In schlichtem aber würdigem Rahmen wurde Rückschau gehalten über die wechselvolle Geschichte des Musikvereines, welcher aus dem Dorfleben nicht wegzudenken ist. Dem Samstagabend war ein grosser Unterhaltungsabend gewidmet zusammen mit den Dorfvereinen und dem von Radio und Fernsehen her bekannten Conférencier Wysel Gyr. Am Sonntag erfreuten die Musikgesellschaft Rorbas-Freienstein, der Musikverein Henggart und der Musikverein ”Alpenrösli” Neftenbach, angeführt vom jubilierenden Musikverein Pfungen, das zahlreich erschienene Publikum mit einem Marschmusikdefilee. In der zum Bersten gefüllten Festhütte an der Breiteackerstrasse wurde anschliessend das Unterhaltungskonzert dargeboten. Mit dem ausklingenden Wochenende schloss auch dieses grosse, eindrückliche Fest, und in der darauffolgenden Woche zeigte sich die Festwiese wieder leer und aufgeräumt. Die Festtage blieben jedoch unvergessen und die Zeitungen waren voll des Lobes und berichteten in grossen Zeilen vom glanzvollen Jubiläums- und Dorffest in Pfungen.

15) Fünfundsiebzigjährig und immer jünger

Auf der Vereinsfotografie von 1971 entdeckt man auffällig viele junge Gesichter. Im vordersten Glied des posierenden Vereines halten zwei junge Damen, die wohl kaum dem Mädchenalter entwachsen sind, stolz ihre Klarinette, und zwei junge Burschen stehen hinter Tambour und Pauke. Was war los? Hatte man bei einer Jugendmusik Kadetten entlehnt? Nein, man durfte auf eigenen Nachwuchs stolz sein. In den Jahren um 1970 liessen sich grössere Gruppen junger Burschen und vereinzelt auch Mädchen vom Musikverein zu Jungbläsern ausbilden. Der Musikverein, der bis auf den heutigen Tag grösste Anstrengungen zur Nachwuchsförderung unternimmt, bildete die Jungen durch Aktive aus den eigenen Reihen aus. Es erstaunt, wie manch guter, ja hervorragender Bläser aus den Jungbläserkursen des Vereines hervorging. Gute Ausbildner alleine genügen aber nicht, um die Jungen zu gewinnen. Die Musik muss ansprechend sein, und die Vereinsatmosphäre muss stimmen. Dafür sorgten ein junger begeisterungsfähiger Dirigent und ein noch jüngerer, aber zielstrebiger Präsident Kurt Sauter. Ins Musikrepertoire des Vereines fanden mehr und mehr moderne Melodien und Rhythmen Eingang, und die Jungen durften an Anlässen schon bald als Solisten auftreten. Die Beliebtheit des Musikvereines in der Bevölkerung, und die gut besuchten Abendunterhaltungen und Konzerte bewiesen, dass der Verein auf gutem Wege in die Zukunft war. Es verwundert nicht, dass bei solchen Verhältnissen ständig Junge in den Verein nachfolgten. Das Durchschnittsalter der Mitglieder fiel dadurch stetig und erreichte 1976 28 Jahre.

Heute, da der Jubilar seinen Hundertsten feiert, liegt dieses Alter nicht wesentlich höher. Wenn der Musikverein an seinem hohen Geburtstag in jugendlicher Frische erstrahlt und sich um sein Fortbestehen nicht zu sorgen braucht, schuldet er den älteren Kameraden dieser Zeit grossen Dank. Die meisten von ihnen begegneten den jungen Bläsern offenherzig und ohne Vorbehalte, verschlossen sich den musikalischen Erneuerungen nicht und versagten der jungen und tatenfreudigen Führung des Vereines ebensowenig die Gefolgschaft.