6) Die Abendunterhaltung und der Vereinsausflug

Die ursprünglich fast alljährlich am Berchtoldstag im Gemeindesaal durchgeführten Unterhaltungsabende sind bis auf den heutigen Tag regelmässiger Bestandteil des Jahresprogrammes des Musikvereines. Diese traditionellen Abende mit den beliebten Theateraufführungen gelten immer noch als gesellschaftlicher Anlass unseres Dorfes. Ihre Durchführung verlegte man vom Gemeindesaal in den Saal des Restaurants Löwen, hernach in die Turnhalle des Schulhauses Breiteacker und in unseren Tagen findet die Abendunterhaltung in der Mehrzweckhalle des Schulhauses Seebel statt.

Unter den ungezählten Vereinsausflügen, welche seit der Gründung des Vereines zur Förderung der Geselligkeit unternommen wurden, blieb die Reise des Jahres 1939 besonders eindrücklich in Erinnerung. Sie führte, nur vierzehn Tage vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges, bei strahlendem Wetter auf die Kleine Scheidegg.

7) Bedrückende Zeiten

Mit der Mobilmachung der Schweizer Armee anfangs September 1939 brach für den Musikverein erneut eine sehr schwierige Zeit an. Ein Grossteil der Bläser stand im Aktivdienst. So waren beispielsweise an der Generalversammlung vom 28. Oktober 1939 nur 16 Mitglieder anwesend, während 11 Musikanten für die Heimat ihre Pflicht taten. Um die Lücken im Vorstand zu schliessen, mussten Ersatzleute bestimmt werden. Bei dem veränderten und ständig wechselnden Bestand fiel es schwer, regelmässig Proben abzuhalten und oftmals schien es, auch denjenigen, die zugegen waren, fehle die Zeit für die Pflege der Musik. Auf den Daheimgebliebenen lastete nämlich eine immense Arbeitslast, denn es waren nicht nur die Arbeitskräfte wettzumachen, welche nun im Dienst standen, sondern es musste auch die Anbauschlacht geschlagen werden, um das Volk ernähren zu können. Es war ein Glücksfall für den Verein, in diesen Jahren in Robert Steiner eine starke Präsidentenpersönlichkeit zu besitzen, die mit nie erlahmender Kraft, zielbewusst das Beste zu erreichen versuchte. Steiner verstand es, mit Geschick manche Schwierigkeiten zu meistern und weitblickende Lösungen zu finden. Als verdiente Anerkennung erkoren ihn seine Kameraden 1942 zu ihrem Ehrenpräsidenten. Im Februar 1940 wurde anstelle einer Abendunterhaltung ein Wohltätigkeitskonzert im Löwensaal durchgeführt. Der Ertrag aus diesem Anlass liess man den Wehrmännern Pfungens zugute kommen.

8) Die Vereinsfahne

1945, der Friede war eingekehrt und die Soldaten wieder zu Hause, regten sich im Musikverein Stimmen, die nach einer Vereinsfahne verlangten. Schon am 15. Dezember des gleichen Jahres beschloss die Generalversammlung mit dem Fünfzigjahr-Jubiläum des Vereins sowohl den 22. Musiktag des Zürcher Unterland-Verbandes als auch eine Fahnenweihe zu verbinden. Zügig wurde mit den Vorbereitungsarbeiten begonnen. Das Organisationskomitee wurde abermals von Paul Krebser, Gemeindepräsident, angeführt. Eine Fahnenkommission stand unter der Leitung von Eduard Werner, und die unerlässliche Haussammlung im Dorfe war auch schon bald organisiert. Das grosse Fest wickelte sich am 30. Juni 1946 mit bestem Wetterglück ab. Zuvor fand am Samstagabend auf dem ideal gelegenen Festplatz hinter dem Schulhaus Dorfstrasse die Jubiläumsfeier statt. Am Sonntagvormittag weihte Pfungen unter grosser Teilnahme der Bevölkerung und im Beisein der Patensektion Stadtharmonie "Eintracht" Töss das erste Banner der Musikvereines ein. Vor den Augen der vielen Festbesucher entrollte sich das prächtige blauweisse Fahnentuch mit Gemeindewappen und Leier nach einem Entwurf des Lehrers Theodor Frei, und es wurde von Gottfried Fischer-Schmid, dem ersten Fähnrich des Musikvereines, freudig entgegengenommen. Unzählige Male hat diese Fahne, Symbol der Einigkeit, der Kameradschaft und der Treue, unsere Musikanten bei Freud und Leid begleitet. Nach Mittag defilierten 17 Vereine mit rund 600 Bläsern auf der von viel Volk gesäumten Bahnhofstrasse vom Bahnhof zum Festplatz. Das Nachmittagskonzert wurde von den teilnehmenden Korps bestritten, und den Höhepunkt des festlichen Anlasses bildeten die imposanten und ergreifenden Gesamtchöre. Das Festgelände, welches immerhin über 2000 Personen zu fassen vermochte, konnte am Abend die zuströmenden Besucher kaum noch fassen.

9) Eine neue Uniform wird fällig

So wie sich alles Irdische erschöpft und verbraucht, so verbraucht und verschleisst sich auch eine Uniform, trotz Sorgfalt und Pflege. Die braune Uniform aus dem Jahre 1927 hatte nun allmählich ihren Dienst getan und war zum Ersetzen fällig. Kam hinzu, dass für Neueintretende keine Uniformen mehr bereitstanden, da mittlerweile die Mitgliederzahl beträchtlich angestiegen war. Das Erscheinungsbild des Vereines war damit uneinheitlich und für das Auge und den guten Geschmack störend. Prompt führte dies auch zu Beanstandungen bei Marschmusikvorträgen. In dieser Situation raffte sich der Verein in seiner Versammlung vom 8. März 1952 auf, an eine Neuuniformierung heranzutreten. Ein Musikverein ist ein teurer Verein. Instrumente und Uniformen müssen periodische ersetzt werden, die Fahne ist ein kostbares Tuch, und der Dirigent will auch bezahlt sein. Andererseits ist der Musikverein für das Dorf fleissig im Einsatz und bereichert durch seine Darbietungen und Ausbildung von Bläsern das kulturelle Geschehen in der Gemeinde in hohem Masse. Diese Einsicht liess die Gemeindeversammlung einen Beitrag von Fr. 2000.- zur Neuuniformierung gutheissen, und auch die ortsansässigen Industrien liessen dem wichtigen Kulturträger der Gemeinde eine Gabe für den gleichen Zweck zukommen: Die Decken- Tuchfabrik lieferte den Uniformstoff zum halben Preis, und die Keller u. Co. Ziegeleien schenkten dem Verein Fr. 2000.-. Aber auch die Bevölkerung mit ihren rund 1300 Seelen bewies ihre grosse Zuneigung durch eine erfreuliche Spendenfreudigkeit, denn es waren im Sammeltopf Fr. 5000 zusammengekommen. Einen besonderen Stein im Brett hatte der Musikverein wohl beim Frauen- und Töchterchor, stifteten die Damen den musizierenden Herren doch die 35 Krawatten zur Uniform. Für das neue Vereinskleid wählte der Verein einen graublauen Stoff, und man entschied sich für einen neuzeitlichen Schnitt. Die Anfertigung der Vereinskleidung vertraute man wiederum der Firma Helbling & Co., Rapperswil, an. Da der Verein in der Mützenwahl unsicher war, erkundete er die Meinung der Frauen und Männer des Dorfes, indem im März eine Vorführung der neuen Uniform mit Teller- oder Offiziersmütze veranlasst wurde. Ganz eindeutig sprachen sich die zahlreich erschienenen Teilnehmer für eine Tellermütze aus; der Verein sah sich damit in seinem zuvor gefällten Entscheid bestätigt.

Das anhaltende Regenwetter führte dazu, den auf den 14. Juni anberaumten Musiktag mit Uniformenweihe um eine Woche auf den 21. Juni 1953 zu verlegen. Doch ausgerechnet an diesem Sonntag lag der Organisationskomitee-Präsident Arnold Schmidli, Gemeindepräsident, im Spital. An seine Stelle sprang Lehrer Theodor Frei in die Lücke, und am Durchführungstag lachte auch die Sonne wieder und bot damit herrliches Festwetter. Der Musikverein eröffnete am Samstagabend in alter brauner Kleidung die Uniformeneinweihung und um 21 Uhr marschierte das Korps, von der Festgemeinde begeistert begrüsst, im neuen schmucken Ehrenkleid durch die Reihen. Es war ein stimmungsvoller Weiheakt in Anwesenheit der Patensektion Stadtharmonie "Eintracht" Töss. Ihm folgte der mit Spannung erwartete "Nabuccochor", vom vokalen Gesamtchor und dem Musikverein sorgfältig einstudiert. Dieser musikalische Vortrag hob die Würde und Feierlichkeit des Anlasses noch zusätzlich hervor. Am Sonntagnachmittag wurden die geladenen Vereine, die Stadtharmonie "Eintracht" Töss und der Musikverein "Harmonie" Embrach, vom Bahnhof zum Festplatz hinter dem Schulhaus Dorfstrasse geleitet. Hier rollte ein buntes Musikprogramm über die Bühne, das mit dem traditionellen Musikgesamtchor endete.

10) neue Instrumente

Das grosse Musikfest hatte Dorf und Musikfreunde begeistert und blieb lange in guter Erinnerung. Für den veranstaltenden Verein bleibt aber oft kaum Zeit und Kraft für das Musikalische übrig, denn niemand will sich eine mangelhafte Organisation und Durchführung nachsagen lassen. Jetzt, nach eingekehrter Ruhe, stand wieder das gepflegte Musizieren im Mittelpunkt. Mit neuem Fleiss versuchte man den dem Verein gebührenden Stand zu halten, ja weiter zu verbessern. Der bemerkenswerte Abschluss am Eidgenössischen Musikfest 1957 in Zürich brachte Bestätigung und spornte zu neuen Leistungen an. Jetzt aber, da Eugen Vollenweider nach 22 fruchtbaren Jahren den Taktstock niederlegte, und die Verweildauer seiner Nachfolger bedeutend kürzer wurde, bereiteten die Wechsel in der musikalischen Leitung manchem Bläsern etwelche Mühe. Es wurde aber auch deutlich, dass die bisherigen, zum Teil sehr alten und teilweise privaten Instrumente, den angehobenen Ansprüchen nicht mehr genügten. Wohl oder übel musste sich der Verein 1961 dazu entschliessen, eine Neuinstrumentierung vorzunehmen. Dies kaum acht Jahre nach der kostspieligen Neuuniformierung. Schon 1962 konnte aber zur grossen Freude und Erleichterung die gelungene Finanzierung der Instrumentenanschaffung vermeldet werden. Der Verein durfte über die stolze Summe von Fr. 24 000.- verfügen. Eine eigentliche Sympathiewelle hatte zu diesem glänzenden Ergebnis verholfen. Die Platzkonzerte, die Geburtstagsständchen bei Seniorinnen und Senioren, die traditionelle Mitwirkung an Bundes- und Silvesterfeiern, die Friedhofkonzerte sowie die Marschmusikzüge durchs Dorf an Muttertagen oder Spielsonntagen, die Teilnahme an allen nur erdenklichen Anlässen in der Gemeinde und die Ständchen einer kleinen Bläsergruppe am Heiligen Abend an vielen Stellen des Dorfes waren bei den Menschen in der Gemeinde nicht unbeachtet geblieben. Als der Musikverein mit der Durchführung des Kantonalen Kreismusiktages vom 15./16. Juni 1963 betraut wurde, bot sich auch die günstige Gelegenheit, die Instrumenteneinweihung mit diesem Anlass zu verbinden. Für die Vorbereitung und Leitung des Doppelanlasses konnte der Verein den hierfür bewährten Ehrenpräsidenten Robert Steiner-Wetter gewinnen. Viele Kräfte spannten kameradschaftlich zusammen, um die Vorbereitungen zu treffen. Um sich der Gemeinde und den Gönnern für das grosse Geschenk dankbar und erkenntlich zu zeigen, vollzog der Verein die Einweihung der neuen Instrumente bereits am Freitagabend bei freiem Eintritt. Leider zogen an diesem Tag schon am Morgen düstere Wolken auf, und unerbittlich ergoss sich anschliessend der Regen über Festzelt und Festgelände. Die Musikgesellschaft "Edelweiss" Wülflingen eröffnete als Gastverein den Abend und im anschliessenden Weiheakt liess der Musikverein die neuen Instrumente mit "Die Ehre Gottes" von L.v.Beethoven ertönen und erschallen. Nach diesem ernsten und feierlichen Teil folgte bunte Unterhaltung bei gemütlicher Stimmung. Am folgenden Abend bei immer noch nasser und kühler Witterung zog ein reichhaltiges Programm die Festbesucher in den Bann. Mitwirkende waren die Nachbarvereine "Alpenrösli" Neftenbach, die Musikgesellschaft Rorbas-Freienstein sowie die Dorfvereine. Die schweren Wolken, die sich am Sonntagvormittag bedrohlich zusammenballten, verzogen sich allmählich wieder, so dass sich um die Mittagsstunde die angereisten Verbandskorps zum Marschmusikdefilee bereitstellen konnten. Viele Zuschauer standen Spalier und freuten sich an den schneidig einhermarschierenden Formationen, welche anschliessend auf dem Schulhausplatz Breiteacker einen eindrucksvollen Gesamtchorvortrag darboten. Der weitere Verlauf des Musikfestes, nach hergebrachtem Schema gegliedert, beinhaltete das Festkonzert in der Turnhalle, ein Unterhaltungskonzert im Festzelt und die Veteranenehrung, an der auch drei Pfungener Bläser teilnehmen durften. Die musikalische Unterhaltung, welche am Vorabend gut gelungen und entsprechen aufgenommen worden war, wurde jetzt wiederholt und schloss damit die Musiktage 1963 von Pfungen ab.